EuGH zum Verhältnis von Zollwert und Verrechnungspreisen

Anmerkung zu: EuGH, Urt. v. 20.12.2017, C-529/16, Hamamatsu

Praxisproblem/Sachverhalt

In der unternehmerischen Praxis stellt sich regelmäßig die Frage, wie aus zollwertrechtlicher Sicht mit konzerninternen Verrechnungspreisen, insbesondere bei deren nachträglicher Erhöhung oder Senkung, zu verfahren ist. In Betracht käme hier etwa, dass eine nachträgliche Erhöhung der Verrechnungspreise zu einer Zollnacherhebung führen könnte, während eine nachträgliche Senkung der Verrechnungspreise zu einer Zollerstattung führen würde. Bislang lehnt die deutsche Zollverwaltung Erstattungen im Fall nachträglicher Preissenkungen ab, verlangt aber gleichwohl die Mitteilung von Verrechnungspreiserhöhungen, um Nacherhebungen durchführen zu können.

Dieser grundlegende Konflikt und die damit verbundenen Gerechtigkeitsdefizite bildeten die Ausgangslage für das Urteil des EuGH v. 20.12.2017 in der Rechtssache C-529/16, Hamamatsu. Ein deutsches Tochterunternehmen einer japanischen Mutter hatte eine Anpassung des Zollwertes nach unten beantragt, da die Verrechnungspreise für den Bezug von Waren nachträglich im Rahmen einer Jahresendanpassung nach unten korrigiert worden waren. Die Zollverwaltung lehnte diese Vorgehensweise ab. Das FG München hatte aber Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise und legte das Verfahren dem EuGH mit folgender Fragestellung zur Vorabentscheidung vor:

  1. Lassen es die Vorschriften der Art. 28 ff. des Zollkodex zu, einen vereinbarten Verrechnungspreis, der sich aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, unter Anwendung eines Aufteilungsschlüssels als Zollwert zugrunde zu legen, und zwar unabhängig davon, ob am Ende des Abrechnungszeitraums eine Nachbelastung oder eine Gutschrift an den Beteiligten erfolgt?
  2. wenn ja: Kann der Zollwert anhand vereinfachter Ansätze geprüft bzw. festgesetzt werden, wenn die Auswirkungen nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen (sowohl nach oben als auch nach unten) anzuerkennen sind?

Entscheidung

Der EuGH gelangte in seiner Entscheidung zum folgenden Tenor:

Die Art. 28 bis 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie es nicht zulassen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.

Auf die zweite Vorlagefrage des FG München ging der EuGH nicht mehr ein. Unklar bleibt nach der Entscheidung, ob nachträgliche Erhöhungen oder Senkungen von Verrechnungspreisen zollwertrechtlich generell keine Rolle spielen oder im Rahmen einer Zollwertermittlung etwa nach der Schlussmethode zu berücksichtigen sind, da der EuGH in seinem Tenor ausdrücklich (nur) den Begriff „Transaktionswert“ verwendet. Es bleibt daher spannend, wie das FG München die EuGH-Entscheidung umsetzen wird.

Praxishinweis

Da sich die für die Entscheidung des EuGH maßgeblichen Rechtsnormen auch im Unionszollkodex wiederfinden, ist das Hamamatsu-Urteil auch für die Anwendung des UZK von Bedeutung.

Wäre das Urteil tatsächlich dahingehend zu verstehen, dass Erhöhungen oder Senkungen von Verrechnungspreisen zollwertrechtlich generell irrelevant wären, so hätte dies zur Konsequenz, dass Unternehmen, bei denen es infolge nachträglicher Erhöhungen von Verrechnungspreisen zu Zollnacherhebungen gekommen ist, diese Zölle zu Unrecht gezahlt hätten. Bis zur weiteren Klärung der Thematik sollten Unternehmen daher fristwahrende Erstattungsanträge stellen, um die Erstattungsfrist des Art. 236 Abs. 2 ZK bzw. Art. 121 Abs. 1 Buchst. a) UZK zu wahren.  


Ihr Ansprechpartner