Sachspenden – was ist die Bemessungsgrundlage bei Einbuße der Marktfähigkeit?

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 18.03.2021 – Bemessungsgrundlage bei Sachspenden

Praxisproblem

Unternehmer geben häufig Waren aller Art (wie z. B. Kleidung, Freizeitartikel, Haushaltswaren, Werkzeuge, Elektroartikel, Lebensmittel), die sie nicht mehr am Markt absetzen können, ohne Gegenleistung, somit als Spenden, z. B. an gemeinnützige Empfänger ab. Durch diese Spenden ersparen sich die Unternehmer ein kostenpflichtiges Entsorgen der Waren. Den gespendeten Gegenständen fehlt meist die Marktgängigkeit. Sie sind unverkäuflich z. B. aufgrund von Mängeln bei der Produktion (z. B. durch Fehletikettierungen, Farbabweichungen, durch Schäden bei der Verpackung usw.) oder sie sind im regelmäßigen Geschäftsverkehr als Saisonartikel, wegen eines Sortimentswechsels, infolge von Überproduktion oder von Retouren nicht mehr absetzbar oder es handelt sich um Lebensmittel kurz vor dem Verfalldatum. Eine Sachspende aus dem Unternehmensvermögen stellt eine unentgeltliche Zuwendung dar, die einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt ist. Sachspenden unterliegen als sog. unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG der USt, sofern der (später gespendete) Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Die Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimmt sich nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände (so bisher Abschn. 10.6 Abs. 1 Satz 3 UStAE).

Sachverhalt

Bisher spielte bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage keine Rolle, ob gespendete Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig waren.

Entscheidung

Mit BMF-Schreiben v. 18.03.2021 hat die Verwaltung erstmals zu der Frage Stellung genommen, wie die Bemessungsgrundlage bei Sachspenden mit Blick auf die Beschaffenheit des gespendeten Gegenstands zu ermitteln ist. Danach ist auch zu berücksichtigen, ob Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig sind. Hiervon ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist. Dies gilt auch für Non-Food-Artikel mit Mindesthaltbarkeitsdatum wie z. B. Kosmetika, Drogerieartikel, pharmazeutische Artikel, Tierfutter oder Bauchemieprodukte wie Silikon oder Beschichtungen sowie Blumen und andere verderbliche Waren.

Bei anderen Gegenständen ist die Verkehrsfähigkeit eingeschränkt, wenn diese aufgrund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern (z. B. Befüllungsfehler, Falschetikettierung, beschädigte Retouren) oder fehlender Marktgängigkeit (z. B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel) nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind. Werden solche Gegenstände im Rahmen einer unentgeltlichen Wertabgabe abgegeben (z. B. Hingabe als Spende), kann eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen, so dass der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von 0,00 EUR nur bei wertloser Ware (z. B. Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist) in Betracht kommt. Eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit liegt insbes. nicht vor, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert wird. Auch wenn diese Neuware ansonsten vernichtet werden würde, weil z. B. Verpackungen beschädigt sind, bei Bekleidung deutliche Spuren einer Anprobe erkennbar sind oder Ware verschmutzt ist, ohne dass sie beschädigt ist, führt dies nicht dazu, dass die Neuware ihre Verkaufsfähigkeit vollständig verliert. Auch in diesen Fällen ist ein fiktiver Einkaufspreis anhand objektiver Schätzungsunterlagen zu ermitteln.

Praxishinweis

Auch wenn die Ware für den spendenden Unternehmer nach subjektiver Sichtweise wertlos erscheint, geht die Verwaltung davon aus, dass die Wertbestimmung der Ware nach der objektiven Betrachtungsweise auf der Handelsstufe des Unternehmers erfolgt. Demzufolge beträgt der Restwert der Ware im Zeitpunkt der Zuwendung nicht in jedem Falle 0,00 EUR. Vielmehr ist der (insoweit fiktive) Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes (Hingabe der Spende) zu bestimmen. Dieser fiktive Einkaufspreis entspricht in der Regel dem - auf der Handelsstufe des Unternehmers ermittelbaren - Wiederbeschaffungspreis zum Zeitpunkt der Spende, wobei entsprechende Wertentwicklungen - in diesen Fällen meist deutliche Wertminderung - im Zeitraum zwischen Herstellung/Anschaffung und Spende zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis ist bei einer solchen Betrachtung auf den objektivierten Wert, den die Leistung für einen objektivierten durchschnittlichen Leistungsempfänger besitzt, abzustellen. Dieser Wert kann im Zeitpunkt der Zuwendung nicht in jedem Falle 0,00 EUR betragen.

Link

BMF-Schr. v. 18.03.2021

Quelle

Bundesministerium der Finanzen

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