Inkrafttreten der EU-Dual-Use-VO und Anpassungen im nationalen Außenwirtschaftsrecht

Am 09.09.2021 ist die neue EU-Dual-Use-VO (Verordnung (EU) 2021/821) in Kraft getreten. Sie ersetzt die bis dahin geltende Verordnung EG-Dual-Use-VO (Verordnung (EG) 428/2009). Die bisherigen Beschränkungen im Außenwirtschaftsverkehr mit Dual-Use-Gütern gelten nach der neuen EU-Dual-Use-VO im Wesentlichen fort. Teilweise werden sie durch neue Beschränkungen, etwa im Zusammenhang mit Gütern für die digitale Überwachung, ergänzt. Für nähere Informationen zu den neuen EU-rechtlichen Beschränkungen im Zusammenhang mit Dual-Use-Gütern dürfen wir auf die AWB-Newsletter Nr. 8/2021 und Nr. 11/2021 verweisen.

Mit der Neuregelung einher ging ein Anpassungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber. Denn es war nach Verabschiedung der neuen EU-Dual-Use-Verordnung festzustellen, dass bis dato im nationalen Außenwirtschaftsrecht geregelte Sachverhalte nunmehr seitens der EU reguliert werden würden. Dies betrifft u. a. die die Kontrolle von bestimmten Dienstleistungen im Zusammenhang mit Dual-Use-Gütern. So haben Beschränkungen für die Erbringung Technischer Unterstützung erstmals im güterbezogenen Exportkontrollrecht der Union Niederschlag gefunden.

Mit der „Erste[n] Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung vom 25. August 2021“ ist die Bundesregierung diesem Anpassungsbedarf nachgekommen und hat Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) überarbeitet (BAnz AT 07.09.2021 V1).

Neben der Anpassung an die neuen EU Bestimmungen für Dual-Use-Güter sollen mit diesen Änderungen auch Strafbarkeitslücken geschlossen und – etwa im Bereich der Investitionsprüfung (§§ 55-62a AWV) – bislang bestehende Unstimmigkeiten ausgebessert werden (vgl. Runderlass Außenwirtschaft Nr. 3/2021 - BAnz AT 07.09.2021 B1).

Nachstehend werden – ohne auf bloße Aktualisierungen der Normverweise in Bezug auf die EU-Dual-Use-VO einzugehen – die wesentlichen, sich in Folge der Neufassung von der Bundesregierung vorgenommenen, materiellen Änderungen der AWV vorgestellt. Diese sind maßgeblich im Lichte des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs des EU-Rechts zu sehen. So sind unmittelbar anwendbare Vorschriften des EU-Rechts gegenüber parallel bestehenden nationalen Vorschriften vorrangig anzuwenden. Vorliegend betrifft dies insbesondere solche Sachverhalte, für die schon nach dem bislang geltenden nationalen Außenwirtschaftsrecht eine Beschränkung bestand, und nunmehr (durch die EU-Dual-Use-VO) derselbe Sachverhalt auch nach dem EU-Recht einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen wird. Hier stellt sich insoweit die Frage, nach welchem Rechtsakt (EU-Dual-Use-VO oder AWV) nun ein Genehmigungserfordernis besteht und nach welchem Maßstab eine Genehmigung zu erteilen ist.

Vornehmlich betrifft dieser Anpassungsbedarf den Bereich der Technischen Unterstützung. Denn Exportkontrollbestimmungen für den Dienstleistungsverkehr waren in der alten, aus dem Jahr 2009 stammenden EG-Dual-Use-VO noch nicht enthalten. Infolge des Vertrages von Lissabon bestand nun jedoch schon seit längerem eine EU-Kompetenz im Bereich des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs. Auf dieser Kompetenz aufbauend hat die EU in Art. 8 der EU-Dual-Use-VO nun auch in bestimmten Fällen Genehmigungspflichten für die Erbringung technischer Unterstützung etabliert.

Damit die Erbringung technischer Unterstützung nach Art. 8 EU-Dual-Use-VO einem Genehmigungserfordernis unterliegt, bedarf es – neben weiteren Voraussetzungen – in jedem Fall eines Bezuges zu einem in Anhang I der EU-Dual-Use-VO gelisteten Gut. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu der bislang nach Maßgabe der AWV bestehenden Genehmigungspflicht. Diese bestand nach §§ 49 ff. AWV bereits dann, wenn ein Deutscher oder ein Inländer technische Unterstützung im Zusammenhang mit einer kritischen Endverwendung in Bezug zu einem Drittland erbringen wollte; so etwa bei technischer Unterstützung im Zusammenhang mit militärischer Endverwendung in einem Waffenembargoland i. S. d. Art. 4 EG-Dual-Use-VO. Für die Genehmigungspflicht bedurfte es keines Bezuges zu einem gelisteten Dual-Use-Gut.

Bei der nunmehr erlassenen Änderung der AWV ist der nationale Gesetzgeber nicht so weit gegangen, die Genehmigungserfordernisse der §§ 49 ff. AWV angesichts der neuen Regelung in Art. 8 EU-Dual-Use-VO abzuschaffen. Vielmehr bleiben die Bestimmungen mit den tatbestandlichen Überschneidungen zu Art. 8 EU-Dual-Use-VO bestehen, erfahren jedoch dadurch eine Einschränkung, dass die in § 53 AWV geregelten Befreiungen erweitert werden und die nunmehr bestehende unionsrechtliche Genehmigungspflicht berücksichtigt wird. So besteht zukünftig nach der AWV keine Genehmigungspflicht, wenn der Sachverhalt bereits einem Genehmigungserfordernis nach Art. 8 EU-Dual-Use-VO unterliegt (siehe § 53 Nr. 2 AWV). Bei der Rechtsanwendung ist hier insoweit Vorsicht geboten, dass bei der Prüfung nicht nur die EU-Dual-Use-Verordnung zugrunde gelegt wird, sondern – so kein Anwendungsfall des Art. 8 EU-Dual-Use-VO vorliegt – noch an die weiterhin fortbestehenden Genehmigungspflichten nach den §§ 49 ff. AWV gedacht wird.

Weitere kleine Änderungen betrafen u. a. den Genehmigungstatbestand des § 52a AWV. Dieser wurde um die Güterlistenposition 5D001e, welche neu in den Anhang I der EU-Dual-Use-VO aufgenommen wurde, erweitert. Zudem wurde mit der Aufnahme von Antennen für Raumsonden in den Teil I Abschn. B der Ausfuhrliste (Güterlistenposition 9A904) der nach nationalem Recht kontrollierte Güterkreis im Bereich der Dual-Use-Güter geringfügig ausgeweitet.

Link

Exportkontrolle Aktuell September 2021

Quelle

BAFA

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