EuGH-Vorlage zu Befreiungen vom Antidumpingzoll auf Einfuhren bestimmter wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China

Hintergrund 
Der Fall geht auf ein Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) München zurück, das am 27. Januar 2022 entschieden wurde (Az. 14 K 1797/19). Ein Unternehmen hatte beantragt, von Antidumpingzöllen auf wesentliche Fahrradteile befreit zu werden, obwohl diese aus China stammen. Mit solchen Antidumpingmaßnahmen soll die europäische Fahrradindustrie vor unlauterem Wettbewerb durch subventionierte oder unterbewertete Importe geschützt werden.

Wesentliche Fakten und Streitpunkte
Der Kläger, der verschiedene Fahrradteile aus China importiert, streitet mit der Zollverwaltung über die Bedingungen, unter denen die Fahrradteile ohne Erhebung von Antidumpingzöllen eingeführt werden können. Er ist seit Jahren Inhaber einer Bewilligung zur Endverwendung gemäß Artikel 254 des Zollkodex der Union. Diese Bewilligung wurde wiederholt aktualisiert.

2018 beantragte die Klägerin die Freistellung nach Art. 14 lit. c VO 88/97 rückwirkend zum 01.01.2018, was das HZA ablehnte. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des HZA und entschied, dass die vom Kläger beantragte Erweiterung der Bewilligung rückwirkend zum 01.01.2018 dahingehend, dass gemäß Art. 14 lit. c VO 88/97 eine zollfreie Einfuhr von 299 wesentlichen Fahrradteilen pro Monat und Kunde erfolgen kann, zu Recht abgelehnt wurde. Die Bewilligung nach Art. 14 lit. c der VO 88/97 ist nur für Kleinunternehmen vorgesehen, die unter der Abnahmemenge von 300 Stück pro wesentliches Fahrradteil pro Monat bleiben. Die Begrenzung bezieht sich auf die Gesamtmenge des Lizenznehmers, so dass eine Lizenz, die 299 Stück eines wesentlichen Fahrradteils pro Kunde und Monat zulässt, weder mit dem Wortlaut der Verordnung noch mit der Intention der Verlängerungsverordnung vereinbar ist.

Der Kläger legte gegen dieses Urteil Berufung ein und argumentierte, dass der Begriff "Kleinunternehmen" in den einschlägigen Verordnungen nicht definiert ist. Es ist daher unklar, ab welcher Größe ein Großunternehmen vorliegt.
Das Finanzgericht München lehnte den Antrag des Klägers ab und argumentierte, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt seien. Der BFH sah jedoch Klärungsbedarf hinsichtlich der unionsrechtlichen Vorgaben und legte dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  1. Ist Art. 14 lit. c) der Verordnung (EG) Nr. 88/97 der Kommission vom 20. Januar 1997 zur Befreiung der Einfuhren bestimmter Fahrradteile mit Ursprung in China von dem mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates eingeführten und mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 ausgeweiteten Antidumpingzoll dahin auszulegen, dass die Befreiung von dem ausgeweiteten Antidumpingzoll mit den anderen Befreiungen nach Art. 14 lit. a) und/oder lit. b) der Verordnung 88/97 in derselben Bewilligung der besonderen Verwendung im Sinne des Art. 254 des Zollkodex der Union kombiniert werden kann?
     
  2. Kann Art. 14 lit. c der Verordnung 88/97 dahingehend ausgelegt werden, dass weniger als 300 Stück pro Kunde und Monat eines bestimmten wesentlichen Fahrradteils vom ausgeweiteten Antidumpingzoll in der Zulassung befreit werden können?
     
  3.  Ist die Menge von weniger als 300 Stück pro Monat gemäß Art. 14 lit. c der Verordnung 88/97 eine Befreiungsgrenze von weniger als 300 Stück pro Monat, mit der Folge, dass die Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll vollständig entfällt, wenn eine Partei mehr als 299 Stück pro Monat anmeldet oder weiterhin liefert, oder eine Befreiungsgrenze, bei der 299 Stück unabhängig von ihrer Überschreitung vom Antidumpingzoll befreit bleiben?

Fazit:
Die Vorlage des BFH verdeutlicht die Herausforderungen bei der Anwendung von Antidumpingmaßnahmen innerhalb der EU. Der EuGH wird hier eine entscheidende Rolle spielen, um eine einheitliche Auslegung des EU-Rechts zu gewährleisten und mögliche Unklarheiten bei der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen zu beseitigen. Es wird erwartet, dass die Entscheidung des EuGH klären wird, wie Unternehmen in der EU von Antidumpingzöllen befreit werden können und welche Bedingungen gelten, und sie könnte erhebliche praktische Auswirkungen auf die europäische Fahrradindustrie und die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen haben. 

Quelle:
Entscheidung Detail | Bundesfinanzhof

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